Es hat lange gedauert, bis der 27. Januar vor 25 Jahren zum offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus wurde. Gedenkfeiern und Jahrestage sind wichtig, weil sich in ihnen Formate des kollektiven Gedächtnisses abbilden. Doch die Frage, wie aus Menschen Täter werden, die kollektive Verbrechen in unfassbar technokratischer Kälte verüben, stellt sich auch jenseits von Jahrestagen und Ritualen des Gedenkens als immerwährende Aufgabe.

Am 27. Januar 1945 befreien sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz. Wenige Wochen später erreichen am 15. April britische Einheiten Bergen-Belsen und befreien die Überlebenden dieses Konzentrationslagers. Wenige Tage zuvor wird ein Transport mit KZ-Häftlingen auf dem Weg in das KZ Neuengamme auf dem Güterbahnhof in Lüneburg bombardiert. Von den Überlebenden werden bis zu achtzig von Wachmannschaften zusammengetrieben und auf Befehl von SS-Leuten erschossen und ohne Erbarmen notdürftig im Tiergarten verscharrt. Am 25. September 1945 lässt die britische Militärregierung das Massengrab öffnen und die 243 Leichen würdevoll in Reiheneinzelgräbern bestatten, ebenso elf jüdische Opfer, die an einem Bahndamm südlich von Lüneburg verscharrt worden waren und zwei sowjetische Zwangsarbeiter.

Tiergarten Mahnmal Nahaufnahme

Seit 2019/20 wird dieser Lüneburger Gedenkort neugestaltet und soll auch ein Lernort sein. Es muss ein Anliegen aller sein, das Unvorstellbare damaligen Geschehens begreifbar zu machen, redlich und aufklärend in kritischer Reflexion eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft weist.

Tiergarten Fernaufnahme